30 Jahre Netzwerk – Fachtagung bei Frankfurt / Main

Vor drei Jahrzehnten traf sich eine Handvoll Pioniere im Wohnzimmer von Christel Proksch zu Kaffee und Kuchen – so begann es 1989 offiziell mit Qigong und Taijiquan in Deutschland. Mittlerweile ist die „Bundesvereinigung für Taijiquan und Qigong Deutschland e.V. – Das Netzwerk“ (BVTQ) die maßgebliche Dachorganisation, was die chinesischen Bewegungskünste in Deutschland angeht. Dieses 30-jährige Jubiläum zu feiern, kamen rund 100 Mitglieder sowie Abgeordnete der Deutschen Qigong Gesellschaft und der Schweizerischen Gesellschaft für Qigong und Taijiquan (SGQT) vom 14. bis 16. Juni 2019 im Kloster St. Gottfried in Niddatal bei Frankfurt / Main zusammen.



Thema der Fachtagung der Jubiläumsveranstaltung war „Taijiquan und Qigong im Wandel“. Das trifft immer zu, denn Wandel ist beständig. Hintergrundmotiv war die Frage, inwiefern sich Qigong und Taiji dem modernen Leben annähern, insbesondere den Zwängen der Krankenkassen beugen sollten. Am ersten Abend trug Dr. Gisela Hildenbrand von der Deutschen Qigong Gesellschaft in ihrem Festvortrag frei Gedichte vor, in denen von Dao, Qin und Küssen die Rede war. Zentrales Symbol der chinesischen Lebenspflege sei die Wolke, da sie leicht und stets im Wandel begriffen sei. Das hörte ich mit meinen Wolkenhänden gern. Anschließend diskutierten Angela Cooper, Gisela Hildenbrand, Dieter Mayer und Helmut Oberlack in einem moderierten Gespräch über Qigong und Taiji im Wandel. Launig stellte etwa Helmut Oberlack, Herausgeber des TQJ, die Frage in den Raum, ob nicht die Qigong- und Taijileute, um ähnlich sexy wie die Yoga-Szene zu werden, besser aus ihren altmodischen „Schlafanzügen“ schlüpfen müssten und man nicht ein modisches Accessoire wie die Yogamatte entwickeln müsste. Unklar blieb, was stattdessen getragen werden und welches Accessoire man genau hernehmen sollte – die Qigongmatte?

In den zwei Tagen gab es eine Reihe von interessanten Workshops, die leider zeitgleich und daher nicht alle zu besuchen waren. Ich entschied mich für Dietlind Zimmermanns Vortrag über „das gute Leben“, in dem sie Parallelen zwischen westlichen und östlichen Philosophien herausarbeitete. Das gute Leben, so Zimmermann, bedeute in erster Linie Zufriedenheit in der Einsicht, der Weg sei das Ziel. Michael Raab referierte über Business-Qigong. Ich dachte ja, es gehe darum, wie wir am besten an Unternehmen gelangen, die uns für ihre Betriebliche Gesundheitsförderung buchen. Doch Raab ging es um die Frage, inwieweit wir als Anbieter Qigong und Taiji so herunterbrechen dürften, um es in Unternehmen praktikabel zu machen. Auch spannend! Ich besuchte dann noch die Workshops von Gudrun Geibig (Tai Chi to Go), Dieter Mayer (Power-Response) und Daniel Grolle (Unterrichts-Baukasten), in denen wir einige neue Übungen kennenlernten. Immer wieder wurde der Aspekt betont, dass es beim Qigong und Taiji um ein Spiel ohne Leistungsdruck gehe. Dies wurde auf beeindruckende Weise spürbar, als ich und Christoph, ein Pädagogik-Professor, an einem verregneten Morgen eine halbe Stunde Privatunterricht von Daniel Grolle, dem Neffen von Christel Proksch, erhielten. Was man alles entdecken kann, wenn man nur spielerisch seinen Arm schaukeln lässt …

Höhepunkt des Netzwerk-Treffens war die Festgala am zweiten Abend mit Danksagungen, Ehrungen, lustigen Beiträgen und viel Musik. Neben den Arbeitsgruppen und Workshops waren es so vor allem die zahlreichen informellen Gespräche und das zwanglose Kennenlernen bei Marmeladebrot, Sekt und Tanz, die das Treffen so wertvoll machten. Adressen wurden getauscht, woraus sich nichts ergeben muss, aber kann. Ich bereue es jedenfalls nicht, den weiten Weg in die Wetterau auf mich genommen zu haben.


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